Vier Tage durch's Rätikon  [ 03.10. – 06.10.2019 ]

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Abstieg vom Rätschenhorn

Die schroffen Berge des Rätikons bilden die Grenze zwischen dem schweizerischen Prättigau und dem österreichischen Montafon. Auf einer viertägigen Hüttentour durchquerten wir das Gebiet von Klosters nach Malans, folgten dabei in etwa dem Verlauf dieser Grenze.

[ Landkarte mit den Tagesetappen ]

Am Vorabend waren wir bis Basel gereist, hatten dort übernachtet. Nach eiligem Frühstück am Basler Bahnhof fahren wir mit der Bahn weiter nach Klosters, mit der Madrisa-Bergbahn dann hoch bis auf 1800. Kurz nach elf können wir dort zur ersten Tagesetappe starten. Auf den Skipisten liegt schon spärlicher erster Schnee, dadurch ist die Gegend nicht ganz so trostlos wie ansonsten im Sommer. In mäßiger Steigung führt der Wanderweg bis zum Rätschenjoch auf etwa 2600, wo schon etwas mehr Schnee liegt. Trotzdem lassen wir uns den kurzen Abstecher zum noch etwa 100 m höheren Rätschenhorn nicht entgehen. Blauer Himmel über den tiefer liegenden dunklen Wolken belohnt uns für die Entscheidung. Vom Rätschenjoch geht's anschließend stetig bergab bis nach Gafia, einem nur im Sommer bewohnten Ortsteil von St. Antönien, wo wir im Berghaus Edelweiß über Nacht bleiben.

Am nächsten Tag erwartet uns die längste Etappe der Tour. Zunächst steigen wir zum St. Antönier Joch hoch, das einstmals wohl ein beliebter (Schmuggler-)Übergang zwischen Österreich und der Schweiz war – die Reste einer alten Zollhütte aus dieser Zeit stehen noch knapp unterhalb des Passes. Ab da verläuft der Weg direkt auf dem Berggrat; wir folgen ihm, bis wir den Riedchopf erreicht haben. Dort wird uns eine herrlich weite Aussicht geboten, im Süden sehen wir das Rätschenhhorn, auf dem wir am Vortag waren, im Nordwesten die Kette der Rätikonberge, an denen wir noch vorbeikommen werden. Steil und glitschig führt der Weiterweg zunächst ein Stück talwärts, dann geht es – nun schneefrei – wieder hoch auf die Plasseggen-Hochfläche, eine sehr karge Hochweide. Über den gleichnamigen Pass erreichen wir österreichisches Gebiet, kommen jedoch nach kurzer Wegstrecke über den Gruobenpass wieder zurück in die Schweiz. An beiden Pässen wieder Reste alter Zollhütten. An der steil aufragenden Südwand der Sulzfluh vorbei erreichen wir schließlich die Carschinahütte, unser heutiges Ziel.

Über Nacht hat's Neuschnee gegeben, und auch tagsüber sind die Wolken noch dicht und ärgern uns immer wieder mit leichten Schnee- und Regenschauern. Wir folgen heute dem Verlauf des Prättigauer Höhenwegs, der sich hier in stetem Auf-und-Ab an den Südflanken der Rätikonberge entlang schlängelt. Es geht an den schroffen Südwänden von Drusenfluh, Kirchlispitzen und Schesaplana vorbei, wir können allerdings nur erraten, dass es darüber auch die zugehörigen Gipfel gibt. Auch die bekanntermaßen phantastische Aussicht ins Tal ist von Wolken und Nebel verdeckt. Angesichts des feuchten Schnees auf dem Weg sind wir froh, unsere Gamaschen dabei zu haben, die – zumindest ein wenig – die Nässe abhalten. Etwas durchfeuchtet erreichen wir die Schesaplanahütte, sind froh über die warme Gaststube dort.

Für den letzten Tourentag hatten wir geplant, über die Bergkette bis nach Malbun in Liechtenstein zu gehen, entscheiden aufgrund der Schnee- und Wetterlage jedoch, in tieferen Regionen zu bleiben. So wandern wir weiter an der Südflanke des Rätikon entlang. Über Ijen, die Fläscher Alp und Bad kommen wir zu einem letzten Pass vor dem Rheintal. Dort treffen wir einen Jäger, der mit einem leistungsstarken Spektiv drei Steingeißen an der Südflanke des Glegghorn beobachtet. Er erzählt uns, dass die Jagdsaison auf Steinwild gerade begonnen hat, und erläutert uns einige interessante Einzelheiten dazu. Steinwild wird in der Schweiz bejagt, um den Bestand zu regulieren; jedes Jahr wird genau festgelegt, welche Tiere im jeweiligen Jagdgebiet von welchem Jäger "entnommen" werden sollen. Einer seiner Jagdkollegen hat eine der Geißen zugeteilt bekommen; den informiert er auch per Smartphone über seine Beobachtungen. Arbeitsteilung bei der Steinwildjagd...
Wir beeilen uns, die Bergstation der Älplibahn nach Malans zu erreichen, schaffen es so, rechtzeitig ins Tal zu kommen, um am Abend auch noch Norddeutschland zu erreichen (die Älplibahn war im Zweiten Weltkrieg als Militärseilbahn zur Versorgung der Schweizer Grenztruppen errichtet worden, wurde danach einige Zeit touristisch genutzt, später wurde der Betrieb wegen fehlender finanzieller Mittel zur Renovierung eingestellt; inzwischen wird sie in der Sommersaison vom genossenschaftlich organisierten Älplibahnverein wieder betrieben).