Diagonal durch den Osten: Von Hamburg nach Dresden  [ 25.05. – 02.06.2024 ]

Eine Radtour durch Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen – wir starten in Hamburg und unser Ziel ist Dresden. Allerdings wollen wir nicht die naheliegende, relativ direkte Route an der Elbe entlang nehmen, sondern planen eine etwas längere Tour durch reizvolle Landstriche östlich davon. Zunächst radeln wir in Mecklenburg ostwärts bis Schwerin, dann Richtung Süden. In Brandenburg durchqueren wir das Havelland, die Wälder des Fläming und den Spreewald. In Sachsen schließlich geht es zunächst in der Neiße-Niederung an der polnischen Grenze entlang, bevor wir durch die Böhmische und Sächsische Schweiz unser Ziel erreichen.

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Skihalle Wittenburg

Von Hamburg durch Mecklenburg-Vorpommern Wir starten am Hamburger Hauptbahnhof, verlassen die Stadt auf zunächst recht verkehrsreichen Straßen ostwärts. Der Verkehr wird glücklicherweise umso geringer, je weiter wir nach Osten kommen. Am Gudower See und am Schalsee vorbei fahren wir bis Wittenburg, wo wir im Hotel an der Skihalle über Nacht bleiben. Aktuell ist dort nichts los, das zugehörige Restaurant ist auch nicht sonderlich einladend, so radeln wir fürs Abendessen zu einem nahegelegenen Griechen.
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Schweriner Schloss

Am folgenden Tag erreichen wir nach kurzer Fahrt Schwerin, die Landeshauptstadt von MV. Eine Besichtigungsrunde führt uns durch die Altstadt, am Dom vorbei, zum Pfaffenteich und schließlich zum Schweriner Schloss. Von Bildern her kennt man das zwar, aber in der Realität ist es doch noch deutlich imposanter. Zusammen mit dem Schlosspark und der Schweriner Altstadt bildet es einen reizvollen Verbund, der seit 2024 als »Residenzensemble« zum UNESCO Weltkulturerbe gehört.
Von Schwerin aus radeln wir südwärts, zunächst auf dem Uferweg am Schweriner See entlang. Dort hält uns erst mal eine Fahrradpanne etwas auf: Einer der beiden »Unplattbaren« an Silkes Rad hat sich eine dicke Glasscherbe eingefangen, die sich wohl gut im Kies getarnt hatte, und ist so zum »Plattbaren« geworden. Der Schlauch ist rasch gewechselt, aber wir schaffen es nicht, die Reifenwulst gleichmäßig ins Felgenhorn zu drücken. So wird die Weiterfahrt für Silke etwas hoppelig. Abends versuchen wir, dem Problem mit Seife und ähnlichen Schmiermitteln beizukommen – ohne Erfolg. Erst am nächsten Tag, in Perleberg, finden wir eine Fahrradwerkstatt, die uns weiterhilft. Der Besitzer kennt das Problem, meint, das würde inzwischen häufig auftreten, und hat auch die Lösung: Mit einer kräftigen Montagezange bringt er den Reifen in seine vorgesehene Lage.
Vom Schweriner See aus fahren wir an der Stör, später am Ludwigsluster Kanal entlang, nach Ludwigslust. Dort schauen wir am barocken Residenzschloss mit seinem großen Park vorbei, bevor wir auf relativ unbelebter Bundesstraße – die Autobahn A14 verläuft hier parallel – über Grabow nach Karstädt kommen.
An Elbe und Havel Durch die von Landwirtschaft und Kiefernwäldern geprägte Region der Prignitz folgen wir der Bundesstraße noch bis Perleberg, dem Hauptort des Gebiets, queren dann auf kleineren Sträßchen zur Elbe-Niederung. Dort radeln wir auf dem Elbe-Deich zunächst nach Rühstädt,
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An der Elbe

Deutschlands einzigem »Europäischen Storchendorf«. Den Titel bekam es 1996 von der Stiftung Europäisches Kulturerbe verliehen, da dort regelmäßig bis zu 40 Storchenpaare brüten. Ein paar davon sehen wir uns an.
Wir bleiben an der Elbe bis Havelberg an der Havelmündung, schauen uns da die Stadt und insbesondere den mächtigen Dom dort an, fahren dann an der Havel entlang weiter. Wir folgen dabei meist dem Havelradweg flussaufwärts, wobei ›aufwärts‹ eine maßlose Übertreibung ist – der Höhenunterschied zwischen Havelberg und dem etwa 100 km entfernten Brandenburg beträgt gerade mal 6 m. Es ist somit ein sehr entspanntes Fahren meist auf verkehrsarmen kleinen Landstraßen oder auf dem asphaltieren Uferdeich, zwischendrin auch mal kurze Schotterpassagen. Die Landschaft bietet wenig Abwechslung, Landwirtschaft, kleine Wäldchen, naturbelassene Sumpfgebiete prägen die Umgebung des Flusses. Mit Rathenow erreichen wir schließlich den ersten größeren Ort.
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Kloster Lehnin

Ab da wird es wieder etwas belebter, insbesondere südlich von Pritzerbe. Dort verbreitert sich die Havel seenartig und wird so – auch wegen der geringen Strömung – zum idealen Revier für Hausboot-Touris. Überdies ist Berlin nicht allzu weit entfernt. Zwischen ein paar Seen radeln wir nach Brandenburg an der Havel, wo wir den Fluss südwärts verlassen.
Durch Fläming und Spreewald Unterwegs schauen wir uns das Kloster Lehnin an, erreichen dann Beelitz. Dort bestand seit etwa 1900 eine große Lungenheilstätte, die nach dem zweiten Weltkrieg von der Roten Armee übernommen wurde. Bis 1994 waren die Heilstätten das größte sowjetische Militärhospital außerhalb der Sowjetunion. Danach verfielen die Gebäude nach und nach und wurden zu einem Lost Place. Teile wurden inzwischen saniert und werden wieder genutzt. 2015 wurde ein Baumkronenpfad eingerichtet, auf dem man die alten Bauten von oben besichtigen kann. Den lassen wir uns natürlich nicht entgehen …
CargoLifter-Halle - größtes freitragendes Gebäude der Welt Weitere Bilder

CargoLifter-Halle - größtes freitragendes Gebäude der Welt

Ab Luckenwalde können wir ein Stück weit auf dem Fläming-Skate-Wegenetz fahren. Ein umfangreiches Routennetz, das speziell für die Zielgruppe der Inline-Skater eingerichtet wurde, natürlich auch von Radlern genutzt werden kann. Wikipedia sagt dazu: »Das Streckennetz umfasst eine Länge von insgesamt ca. 230 km (Stand Ende 2020). Es besteht aus 2–3 Meter breiten Fahrstreifen [...], die mit einer sehr feinen Asphaltschicht mit 0,5er Körnung versehen sind und durchschnittlich zweimal pro Woche gereinigt werden.« Sehr angenehm, darauf zu radeln! Und – außer uns war niemand dort unterwegs.
Ab Baruth fahren wir auf normalen Radrouten weiter zur Spree, die wir in Schlepzig erreichen, im Norden des Spreewalds. Kurz vor Schlepzig passieren wir den ehemaligen Flugplatz Brand, der eine recht wechselvolle Geschichte hat. Während der sowjetischen Besatzung wurde er zur Frontbomberbasis ausgebaut – inklusive einem Sonderwaffenlager mit nuklearen Fliegerbomben. Nach der Wende kaufte 1998 die CargoLifter AG den Platz, die darauf eine riesige Werfthalle baute, die weltweit größte freitragende Halle. Geplant war, dort Luftschiffe für Lastentransporte zu bauen, die Lasten bis zu 160 Tonnen hätten tragen können. Das Ganze endete jedoch aus verschiedenen Gründen in einer krachenden Pleite der Firma (Details dazu bei Wikipedia). 2003 kaufte schließlich ein ostasiatischer Konzern die Halle und einen Teil des Geländes und richtete dort den Freizeitpark Tropical Islands ein, laut Eigenwerbung »Europas größte tropische Urlaubswelt«…  Auf dem Weiterweg kommen wir an der ehemaligen Wohnsiedlung für die Soldaten und ihre Familien vorbei, jetzt ein reizvoller Ort für Lost-Place-Fans, den sich die Natur gerade zurückerobert.
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Spreewald: Wasser und Grün

Südlich von Schlepzig radeln wir auf Gravel-Wegen an einer Reihe von Fischteichen entlang, erreichen dann Lübben und schließlich Lübbenau, einen der Touri-Hotspots des Spreewalds. Eine Kahnfahrt auf einem typischen Spreewaldkahn ist dort selbstverständlich ein absolutes Must, und so lassen auch wir uns durch Spreearme und Kanäle staken.
Wieder auf dem Rad erreichen wir Peitz, radeln ab da südwärts durch das Naturschutzgebiet der »Peitzer Teiche«. Sie wurden im 16. Jahrhundert angelegt, vermutlich als Annäherungshindernis der Festung Peitz und bilden laut Wikipedia »das größte zusammenhängende Teichgebiet in Deutschland«.
An Spree und Neiße Östlich der Teiche dominieren die mächtigen Kühltürme des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde den Horizont. Jänschwalde war das drittgrößte Braunkohlekraftwerk Deutschlands, aktuell ist es noch in Teilbetrieb, die endgültige Abschaltung ist für 2028 vorgesehen. Verbrannt wird dort Braunkohle aus der Lausitz und aufbereiteter Abfall. »Mittels zusätzlicher technischer Einrichtungen […] wird durch die gemeinsame Verbrennung mit Braunkohle […] eine umweltgerechte Entsorgung mit Synergieeffekten gesichert«, so die Betreibergesellschaft LEAG.
Kurz vor Cottbus passieren wir den Cottbuser Ostsee, den größten künstlichen See Deutschlands, der durch die Flutung des Braunkohletagebaus Cottbus-Nord entstand. Er hat gerade seinen Nennpegel erreicht und soll zukünftig zu einem Touri-Hotspot mit Campingplätzen, Bootsverkehr etc. entwickelt werden.
Wasserpyramide im Branitzer Park Weitere Bilder

Wasserpyramide im Branitzer Park

Am Abend flanieren wir noch ein wenig durch die Innenstadt von Cottbus, am nächsten Vormittag schauen wir uns dann Schloss Branitz und den zugehörigen Park an. Schloss Branitz war viele Jahre der Wohnsitz von Fürst Pückler, der in dieser Zeit den Park landschaftlich umgestaltete, indem er Seen, Hügel und zwei Pyramiden dort anlegen ließ. Bekannter wurde er allerdings wohl durch das »Fürst-Pückler-Eis«, das einer seiner Köche ihm zu Ehren keierte.
In Spremberg, etwa 20 km südlich von Cottbus, verlassen wir die Spree und queren zur (Lausitzer) Neiße, die wir in Bad Muskau erreichen. Unterwegs, in Kromlau, ein bekannter Rhododendronpark, der uns natürlich einen kleinen Umweg wert ist. Im Schloss Muskau wohnte Fürst Pückler ebenfalls einige Jahre, ließ auch dort einen riesigen Park im Stil englischer Landschaftsgärten anlegen, der sich zu beiden Seiten der Neiße erstreckt. Seit etwa 20 Jahren ist das Ensemble aus Schloss und Park eine der wenigen staatenübergreifenden UNESCO-Welterbestätten.
Görlitz: Rathaus und Untermarkt Weitere Bilder

Görlitz: Rathaus und Untermarkt

Ab Bad Muskau folgen wir dem Oder-Neiße-Radweg, der gut ausgebaut ist und in der Neiße-Niederung weitgehend flach verläuft. So kommen wir durch die dünn besiedelte Grenzregion zügig voran. In Zentendorf ist dann ein kleiner Abstecher über Feldwege zum Flussufer fällig, dort befindet sich in einer Flussschleife, die ein wenig nach Osten ausbiegt, der östlichste Punkt Deutschlands. Auf der Landkarte leicht zu lokalisieren und dann auch einfach zu erreichen, allerdings nur mit GPS-Hilfe, denn eine sinnvolle Beschilderung an der Radroute sucht man vergeblich.
Wesentlich sehenswürdiger ist dann Görlitz, das wir kurz danach erreichen. Im Mittelalter war Görlitz durch seine Lage ein wichtiges Handelszentrum, zahlreiche Bauten stammen aus dieser Zeit. Um wieder Wikipedia zu zitieren: »Mit über 4000 großteils restaurierten Kultur- und Baudenkmalen wird Görlitz oft als das flächengrößte zusammenhängende Denkmalgebiet Deutschlands bezeichnet.« Das zieht natürlich Touristen an, und so haben wir etwas Mühe, unsere Räder durch die Touri-Gruppen zu schieben, die wie wir an den Sehenswürdigkeiten vorbeischlendern.
Grüne Grenze in der Böhmisch-Sächsischen Schweiz Weitere Bilder

Grüne Grenze in der Böhmisch-Sächsischen Schweiz

Durch die Böhmische und Sächsische Schweiz Von Görlitz aus führt unsere Tour noch ein Stück südwärts an der Neiße entlang bis zum Kloster Marienthal. Gegründet im 13. Jahrhundert ist diese Zisterzienserinnen-Abtei laut Wikipedia »das älteste Frauenkloster des Ordens in Deutschland, das seit seiner Gründung ununterbrochen besteht.« Wie für Zisterzienser typisch, liegt die Abtei recht einsam, malerisch von Wald und Feldern umgeben, direkt am Ufer der Neiße.
Von dieser östlichsten Region Deutschlands wenden wir uns wieder westwärts, radeln durch kleine Dörfer in der Oberlausitz und in einem Zipfel Tschechiens zu den Sandsteinfelsen der Böhmisch-Sächsischen Schweiz. Die durchqueren wir auf recht einsamen kleinen Sträßchen, teilweise auch auf Wanderwegen. Unsere Route führt zunächst am Oberlauf der Kirnitsch entlang, später dann am Unterlauf bis zu ihrer Mündung in die Elbe in Bad Schandau. Von da geht's auf dem Elberadweg nach Dresden, dem Endpunkt unserer Tour. Dort erwartet uns zum Abschluss allerdings noch ein kräftiger Regenschauer …